Mittwoch, 18. September 2013

Das Spiel mit den Geschlechtern


Auf der RatCon 2013 gab es einen interessanten Workshop, den ich leider verpasst habe. Eevie Demirtel und Alex Spohr diskutierten mit den Anwesenden über "Das Spiel mit den Geschlechtern".

Während sie dies taten hat übrigens ein rundlicher Rollenspieler eine wunderschöne und weltfremde Feuermagierin in einer Demo-Runde Splittermond gespielt. Ich selbst spielte den Archetyp der pragmatischen Protektorin. Das machte nicht nur Spaß, auch sonst gibt es in meinen Runden immer mal wieder Damen die Herren spielen und umgekehrt. Der "Geschlechterwechsel" ist zwar bisher eher die Ausnahme als die Regel, aber sicherlich nicht unüblich.
Natürlich hat mein Kumpel Stefan bei uns noch immer Elfenverbot, aber etwas weibliches haben wir ihm bisher nicht konkret verboten. Und warum sollte das nötig werden? Ich zähle mal ein paar Kritikpunkte auf, die üblicherweise in der Diskussion auftauchen und u.a. auch im Workshop genannt wurden und will sie entkräften, da ich das doch lange nicht so problematisch sehe, wie anscheinend viele andere Mitmenschen. Empfohlen sei auch noch das gleiche Thema vorallem wegen den dazugehörigen Kommentaren bei den Teilzeithelden.


  • Das andere Geschlecht zu verkörpern ist abnormal oder betrügerisch.
Achtung: Provokative, plakative und nicht zuletzt völlig subjektive Einschätzung meinerseits: Diese dämliche Ansicht basiert zum allergrößten Teil auf Homophobie. 
  • Wegen der typischen Unterschiede der Geschlechterrollen, können Männer nie richtig Frauen darstellen und umgekehrt.
Das halte ich für quatsch und der Spielleiter muss es sowieso die ganze Zeit tun. Denn ich sehe darin eher die rollenspielerische Herausforderung. Sicherlich würde ich im LARP keine Frau darstellen wollen, da ich das mit meinem Bass in der Stimme und meinem Vollbart auch gar nicht rüberbringen könnte. Jedoch habe ich im Star Trek Live ein paar mal einen vereinigten Trill gespielt. Der Symbiont war bereits in seinem zweiten Wirt. Der Erste war eine Frau. Das brachte ich ins Spiel, in dem ich mich bei "Frauen"-Gesprächen einbrachte, auch wenn das auf die Damen vielleicht absonderlich wirken konnte, wenn ich als Mann mit ihnen schnatterte.
Egal ob Herausforderung, Erforschung meiner femininen Seite oder sonstige gute Gründe: Es gibt jede Menge, um mal den Blick über den Tellerrand zu wagen. Daher ist es auch so wichtig, dass in Fantasywelten wie Aventurien mit Landstrichen (Mittelreich, Südaventurien, Bornland und Thorwal allen voraus) wo Gleichberechtigung herrscht, Möglichkeiten geboten werden, dass man auch mit weiblichen Charakteren die meisten eher maskulinen Professionen ergreifen kann.
  • Es verwirrt die anderen.
Diejenigen, die das stört tun mir leid. Denn wenn man ständig damit Probleme hat sich zu erinnern, welches Geschlecht der Charakter meines Mitspielers hat, der wird sich dann ja wohl auch kaum vorstellen können, das der 1,90m Hüne am Tisch einen Zwerg und der 1,65m Hänfling einen Krieger mimt. Ich habe mich auch schon ein paar in unserer Runde vertan. Das kommt vor. Aber vorgeht das Spiel. Und in unserem fantasievollen Spiel will ich meine Fantasie von der Weltbeschreibung und den Regeln in gemeinsame Bahnen gelenkt wissen und nicht unnütz eingeschränkt werden.


Ich schätze man merkt, dass ich klar Pro "auch mal anderes Geschlecht spielen" tendiere. Um das Thema aber mal etwas objektiver zu betrachten, habe ich bereits ein Interview mit der Sozialpädagogin Antje Klewinghaus angefragt. Es kann aber noch 1-2 Wochen dauern, bis wir einen gemeinsamen Termin für das Gespräch finden. Ich werde es dann in einem zweiten Teil wahlweise als Mitschrift oder als Podcast nachreichen.

Und bis dahin interessieren mich deine Erfahrungen und Gedanken dazu. Schon mal romantische Elemente "mit dem anderen Geschlecht" im Spiel erlebt? Hast Du Angst vor Mannsweibern? Wurde schon Mitspielern neben Elfen- auch Frauenverbot erteilt? Spielen alle Mädels in deinen Runden nur Kerle? Und wie fühlst du dich dabei?
Oder hast Du zu dem Thema bestimmte Fragen, die ich Antje stellen sollte?
Darüber sollten wir reden.

Edit 19.09. 12:40 Uhr:
Ich habe zu diesem Thema eine Umfrage erstellt.

5 Kommentare:

  1. Gaaanz spannendes Thema!
    Im Larp habe ich es einige wenige Male erlebt, allerdings immer nur Frauen, die Männerrollen spielten, meistens vor dem Hintergrund, dass sie keinen kriegerischen Charakter hätten darstellen dürfen in dem von ihnen gewählten Land. Ich würde da eher das Land als die verkörperte Geschlechterrolle wechseln. ;) Mich stört es nicht, allerdings finde ich es relativ schwer und führte in den von mir erlebten Fällen zu recht viel Telling, denn eine Frau in Rüstung ist für die meisten Larper halt immer noch eine Frau.
    Tischrollenspiel mach ich fast gar nicht, hab ich auch noch nie vertauschte Geschlechterrollen erlebt, finde ich aber prinzipiell prima, warum nicht? Die Argumente hast Du ja bereits genannt. Einfacher als im Larp auf jeden Fall.
    In Computerrollenspielen kenne ich eine Menge Männer, die weibliche Charaktere spielen, und fand's immer witzig. Klar sollte man sich beim Flirtverhalten darüber im Klaren sein, aber wer flirten in Rollenspielen ernst nimmt, hat eh ganz andere Probleme.

    Also ich bin völlig pro "auch mal ein anderes Geschlecht spielen", finde es aber im Larp ziemlich schwierig und würde schon von den Leuten, die das machen, erwarten, dass sie sich mit transgender und passing ordentlich auseinander setzen, und nicht einfach nur die Kleidung des anderen Geschlechts anziehen und das war's. Die sind dann nämlich genauso toll wie Leute, für die ein paar spitze Ohren den kompletten Elfen ausmachen oder die bestickte Robe den Hohepriester. Ich selber mache es übrigens gar nicht, ist halt nicht meine Tasse Tee.

    Im übrigen bin ich eigentlich für's Rollenspiel wie für's richtige Leben da total zwergisch: eigentlich geht das Geschlecht nur den Partner was an. ;)

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  2. "Natürlich hat mein Kumpel Stefan bei uns noch immer Elfenverbot, aber etwas weibliches haben wir ihm bisher nicht konkret verboten. Und warum sollte das nötig werden?" - Und warum sollte Stefan keine Elfen spielen? Entzieht sich mir bei der sonstigen Argumentation des Artikels.

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    1. Danke für den Hinweis. Das war ein klarer Fall von "nichts als selbstverständlich hinnehmen".
      Stefan hat einmal in einer GURPS Fantasy Runde den unelfischten Elfen gespielt, der mir je untergekommen ist. Und damit meine ich keinen DSA-Badoc-Elfen sondern einfach unelfisch. Darauf haben wir in der damaligen Runde beschlossen, dass er machtgierige Magier und größenwahnsinne Zwerge wie immer spielen darf, aber halt keine Elfen mehr.
      In dem Ulisses Workshop wiederum streifen sie auch das Thema. Denn die korrekte Darstellung, gerade in DSA, von Elfen ist schwierig und herausfordernd. Aber das Prinzip ist nicht zu vergleichen mit der Herausforderung der Darstellung des anderen Geschlechts.

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  3. Wir hatten in unserer damaligen DSA-Runde auch Erfahrungen mit cross-gender Charakteren, sowohl gute als auch schlechte. Ich denke man muss das Thema cross-gendern getrennt vom "Ich spiele mal nen Elfen" oder "Ich spiele mal nen Zwerg" betrachten:

    Wenn man z.B. einen Zwerg spielt, gibt es ein gewisses Set an Verhaltensregeln, an die man sich etweder hält ("Wir nehmen IMMER den Landweg") oder es bewusst bricht ("Aber ich dachte immer alle Zwerge können schmieden."). Bei einem (ich spreche jetzt im folgenden mal aus meiner Perspektive) weiblichen Charakter ist das ungleich schwerer, weil es sowas da eben nicht gibt. Bzw. umgekehrt, wenn man eine Frau spielen will, nur um eine Frau zu spielen läuft das meist auf ein Sammelsurium billiger Klischees hin (mannstoll, oder VÖLLIG unerfahren im Umgang mit Männern, Kann keine Kutsche fahren,...), z.T. auch äußerst verletzend.

    Gute Erfahrungen habe ich hingegen damit gemacht, einen Charakter zu designen, der rollenspielerisch besser als Frau funktioniert. Ich selber hatte mal eine Hexe die in der Rolle eine Marketenderin aufgetreten ist (Inspirationsquelle: Mutter Courage), etwas schroff aber z.B. auch recht kinderlieb. Ich wurde nur recht selten (am Anfang) als "er" bezeichnet, aber an sich wurde ich als Frau akzeptiert.

    Ich denke, das "Problem" liegt in dem Kopf der Mitspieler. Wenn bspw. eine große laute (maskuline) Barbarenkriegerin von einem Mann gespielt wird, klickt im Kopf ganz schnell der Schalter von maskuline Rolle+männlicher Spieler => Mann um. Wenn hingegen eine (niveauvolle) schurkische Verführerin gemimt wird, fällt glaube ich schwerer, das Geschlecht im Kopf zu wandlen.

    Mein Rat daher: Nicht das andere Geschlecht um seiner selbst Willen spielen, sondern sich gut überlegen, was man damit ausdrücken mag. Dann klappt's auch mit den Mitspielern ;-)

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  4. Bei mir sind einige Spieler, aber nicht alle, dazu übergegangen auszuwürfeln, ob sie Männlein oder Weiblein sind, da bei meiner eher Old-Schooligen Pathfindersandbox eh alles zufällig bestimmt wird. ;)

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