Montag, 27. Januar 2014

Gutes Spielleiten, Spielstile abstimmen ... das ist doch alles nur die halbe Miete (3)

Hui. Das Thema ist ein Fass ohne Boden. Da tippelt man sich einen zurecht und wirft mehr Fragen auf, als man beantwortet. Daher wird die Reihe jetzt durchnummeriert.

Die im ersten Teil erwähnten Spielertypen verraten uns bereits einiges über die Vorlieben des jeweiligen Zockers. Da ich ja ursprünglich etwas zum Thema Gruppendynamik beitragen wollte folgt nun meine Liste der Mitspieler-Typen.


Der Plotjäger
Der SL muss auf jedes Wort acht geben. Denn es kann früher oder später gegen ihn verwendet werden. Der Plotjäger sammelt jeden Brotkrümel auf, den er finden kann. Man könnte meinen, er will das Rätsel stets vor seinen Kameraden lösen. Jedenfalls nimmt er diese auf seiner ständigen Suche nach der Lösung nur bedingt wahr. Er ist viel zu sehr mit der Spurensuche beschäftigt, als dass er sich um Ablenkungen wie das Ausspielen eines Dialogs am Lagerfeuer kümmern könnte. Dabei verliert er nur wertvolle Zeit, die er anders besser nutzen könnte.


Der Mitläufer
Eines muss man dem Mitläufer lassen: Er stört nicht und ist immer anspielbar. Er sitzt da, hört zu und kriegt alles mit. Er scheint nur keine eigene Meinung zu haben. Jedenfalls tut er keine kund. Spielt man ihn an, dann ist er einer Meinung mit jemand anderem. Im Zweifel mit dem Magnet. Manchmal ist der Mitläufer nur ein Neuling, der sich noch in der Gruppe zurecht finden muss und etwas schüchtern ist. Manchmal ist es auch ein alteingesessener Hase, der sich warum auch immer, relativ wenig am Spielgeschehen beteiligt.


Der Magnet
Er ist der Mittelpunkt der Runde. Nicht der Meister sondern er allein bestimmt das Tempo und was gemacht wird. Er erinnert sich daran, dass er unbedingt noch diese eine Szene beim Kauf des Proviants in der Taverne ausspielen wollte. Er sagt was die anderen zu tun und zu lassen haben. Wenn er das tut, ist das eine der seltenen Momente, wo die anderen, überhaupt mal die Chance haben überhaupt etwas zu sagen. Denn der Magnet ist die Gruppe. Die Kameraden sind nur das Beiwerk zu seinem Spielerfolg.


Der Türmchenbauer
Wenn er nicht im Mittelpunkt steht, was bereits der Fall ist, wenn er sich nicht in direkter Rede mit dem Meister oder den Mitspielern befindet, dann baut er aus Würfeln Türmchen oder sogar Modelle ganzer Paläste und Generationen-Raumschiffe.
Von sich aus beteiligt er sich nur selten am Spiel. Er reagiert allerdings auf Stichworte wie z.B. "Initiative", "Kampf", Talentprobe oder "freizügiges Mieder".
Ein Türmchenbauer kann aber auch derjenige in der Runde sein, der zwischendurch mal gerne ein gutes Regelbuch liest oder halb unterm Tisch sein Smartphone streichelt.


Der Romantiker
Der Plot ist nur die Rahmenhandlung für das Bespielen zwischenmenschlicher Beziehungen. Der Romantiker interessiert sich nicht für die Geschichte, die erzählt wird. Er zwingt lieber den Spielleiter dazu ohne Ende einen NSC als Partner für ihn zu auszuspielen, wenn sich sonst kein Deckelchen für sein Töpfchen in der Gruppe finden lässt.


Der Con-Geniale
Es trennt nur eine dünne Linie Genie von Wahnsinn. Er ist der Beweis. Auf sich allein gestellt ist er völlig überfordert. Hat keine Ideen und wenn, dann sind sie selten dämlich und kontraproduktiv. Selbst wenn er nur 4 Betten im Schlafsaal des Wirtshauses für die Nacht anmieten soll stammelt er sich einen zurecht und muss regelrecht angespornt werden.
Stehen aber andere im Mittelpunkt und sind mit einem scheinbar unlösbaren Problem konfrontiert, überrascht er alle, indem er durch seinen Genius alle rettet.


Der Schläfer
Er meint es nicht böse. Er ist einfach im Stress. Durch Job, Familie und/oder Schule bleibt ihm keine freie Minute. Seine Freizeit ist ihm allerdings sehr wichtig. Er liebt seine Spielkameraden und das Rollenspiel. Allerdings ist das auch der einzige Moment am Tag, wo er mal etwas runterkommt und sich im Freundeskreis entspannen kann. Das ist allerdings fatal. Denn die ersten 1-2 Stunden ist er noch hochmotiviert mit von der Partie. Dann hört man ihn noch einen Satz murmeln, wie: "Ich mach nur mal kurz die Augen zu.", und schon ... ist er eingepennt und nur durch den Einsatz grober Gewalt für kurze Zeit zu wecken.

Der Provokateur
Charakterkonzepte sind für ihn nur interessant, wenn sie ein gewisses Konfliktpotential in sich birgen. Er mag die Extreme und die Probleme die sich mit sich bringen. Gibt es schon einen Rondrageweihten in der Runde, will er einen Meuchelmörder spielen. Gibt es einen Streuner in der Runde, will er einen Bannstrahler verkörpern. Als Shadowrunner bevorzugt er den extrovertierten Cyberpunk, wenn die Runde sich auf das Spiel nach Frankfurter Schule geeinigt hat.
Er beleidigt und provoziert seine Mitspieler am laufenden Band. Das führt oft zu lustigen oder auch sozialkritischen Diskussionen, die sehr gehaltvoll sind. Im negativen Extrem des Provokateurs bringt er ständig die Gruppe in Gefahr, schießt ständig quer oder behindert sogar die Aktionen der Kameraden.


Der Projektor
Sein Name rührt von dem her, was böse Zungen über ihn behaupten. Nämlich, dass er irgendwas von sich auf den Charakter projiziert oder mit ihm etwas kompensiert.
Es ist nicht so, das er sich völlig mit seinen Charakteren identifiziert. Aber jede direkte Bedrohung gegen seinen Charakter ist ein persönlicher Angriff auf ihn persönlich. Wenn jemand mit einer Armbrust oder einem Scharfschützengewehr auf ihn zielt, dann kann er fast in Tränen ausbrechen durch die Panik, die ihn überfällt. Die Angst überkommt ihn, dass ein Ausweichmanöver oder geschicktes Verhandeln in der jeweiligen Situation keinen Ausweg bieten könnten und gibt sich den Tränen nahe seiner Verzweiflung hin.
Hier hilft nur Erziehung und Abhärtung. Jede Runde muss tunlichst darauf acht geben, ihn nicht in Watte zu packen.


Der Vergleicher
Er muss seine Charaktere ständig mit anderen vergleichen. Und sei es nur, dass er durch Nachfragerei immer wieder stolz wie Oskar herausfindet, dass er sein Kämpfer einen um eins höheren Körperkraft Wert hat, als der Held eines Kameraden.
Dinge die er nie sagt, aber immer so rüber kommen sind:
- "Immer einmal mehr als Du."
- "Hose runter, Schwanzvergleich!"
Das für sich wäre ja schon nervig genug, jedoch tendiert er allgemein dazu, immer wieder Diskussionen über Spielwerte, Wahrscheinlichkeiten und Sonderregeln anzufangen.


Der Neider
Er ist ein netter, frommer Geselle. Nur eine Sache gibt es, da kann er gar nicht drauf. Wenn jemand anderes besser ist als er. Wo der Gelehrte und Entdecker damit leben muss, dass auch der Magier ganz gut bei den Wissensfertigkeiten ist, fühlt er sich bereits übervorteilt und von den anderen ins Abseits gestellt. Beleidigt glaubt er dann, er wäre überflüssig, obwohl er sich in vielen Situationen mit dem anderen Experten auf verwandtem Gebiet wunderbar ergänzen könnte. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn er sogar seine Individualität bedroht sieht.

Natürlich ist das überspitzt formuliert und extrem dargestellt. Jedoch finden wir uns sicherlich in einem oder mehrerer dieser Typen teilweise wieder.
Beim nächsten Mal schreibe ich noch etwas mehr zu meinem Diagramm aus den vorigen Beitragen zu diesem Thema.

Kennt der werte Leser ebenfalls solche Typen? Fällt dir noch mehr dazu ein?
Darüber sollten wir reden.

Sonntag, 26. Januar 2014

Gutes Spielleiten, Spielstile abstimmen ... das ist doch alles nur die halbe Miete - Fortsetzung

...nur die halbe Miete.
Das gilt sicherlich auch für meinen letzten Post.
Da habe ich auch eine Grafik zum Ende präsentiert. Diese habe ich zwar erläutert, aber die Konsequenzen habe ich noch nicht gezogen. "Halbe Miete" halt.

Ich will auf folgenden Punkt hinaus: Der Spielleiter ist nicht an allem schuld. Er ist kein Alleinunterhalter. Der Spieler, egal wie toll er seinen Charakter darstellt und ins Spiel einbringt ist es auch nur zu einem Teil, der Spaß ins Spiel bringt. Es geht auch darum wie alle miteinander umgehen, und wie gut es zwischen den Charakteren passt.
Der Spielleiter kann nur Einfluss auf das Spiel unter den Charakteren nehmen, in dem er das Plot-Jagd-Tempo auch der Frage unterwirft: "Wie angebracht ist jetzt der Austausch zwischen den Helden?"
Tipps kann man hier nur bedingt geben. Erfahrung und Fingerspitzengefühl sind hier gefragt.
Versuchen will ich das allerdings anhand von ein paar Spielsituationen und typischen Kritikpunkten in meinen eigenen Runden (egal ob ich dort Meister oder Spieler bin).


1.)
Die Spieler hängen in einer Stadt fest. Sie müssen noch ein paar Tage auf die Antwort auf ein Hilfegesuch abwarten. Derweil wollen sie sich bedeckt halten, um nicht aufzufallen. Was machen sie jetzt?
Die Stadt mit ihren Tempeln und Museen besichtigen, in einer Taverne abhängen, in Hinterhöfen heimlich Schwertkampf trainieren und andere Möglichkeiten gibt es durchaus.

Wichtig für den Spielleiter: Schöne Ausgestaltung der Stadtbeschreibung, damit die Ausflugsziele in der Stadt auch mit Leben gefüllt werden. Die Tiefe der Ausgestaltung, aber langsam zurückfahren, da sicherlich wissenswertes aber wenig spannendes dabei sein wird.

Wichtig für die Spieler: Nicht nur versuchen zu überlegen welche Orte mein Charakter gerne besuchen würde sondern auch einen Aufhänger für Gespräche mit den Kameraden suchen. Fragt sie, ob sie mit in den Tempel, das Bordell oder den Markt mitkommen wollen. Blättert nicht nur in Einkaufslisten mit dem Meister sondern fragt die anderen im Spiel nach ihrer Meinung, ob er die geschwärzte oder die natürliche Lederrüstung besser findet.


2.)
Die Helden erleben gerade ein episches Abenteuer mit einer langen Überlandreise. Der Spielleiter hat vom Abenteuerautor dafür viele reizvolle Zufallsbegegnungen und Szenen an die Hand bekommen, um den Spielern eine lebensfeindliche Wüste erlebbar zu machen. Von Sandstürmen, Geistern, unheimlichem Säuseln im Wind und den extremen Temperaturen beeindruckt setzen die Helden immer wieder beschwerlich einen Fuß vor den anderen. Wieder und wieder. Und dann muss eine weitere Nacht in der Wüste verbracht werden. Das Wasser wird in absehbarer Zeit zur Neige gehen. Mitten in der unwirtlichen Umgebung erreichen sie eine Landmarke deren Untersuchung allerdings nichts fruchtbares zu Tage fördert.
Eben war die Atmosphäre noch geradezu mit den Händen greifbar. Nun spielt der erste mit dem Handy und ein anderer gähnt in der weisen Vorraussicht, dass die nächsten Landmarke wieder nur nach Stunden beschwerlichen Marsches (Zufallsbegegnungen, etc.) durch die Wüste erreichbar sein wird.

Wichtig für den Spielleiter: Der Abenteuerautor meinte es nur gut mit Dir, als er die Überlandreise ausarbeitete, anstatt zu schreiben: "Die Reise wird zu Fuß etwa 2 Wochen dauern. Orientieren sie sich zur Ausgestaltung an der Zufallstabelle für diese Landschaft in Regionalband X." Das war sehr nett von ihm, aber halte Dich, lieber Spielleiter nicht minutiös daran. Vor allem Vorlesetexte sind ein super Vorlage, aber manche sind zu lang geraten und die Spieler wollten schon nach den ersten 6 Sätzen was unternehmen und durften nicht, da noch weitere 6 Sätze folgen oder gewisse Wiederholungen im sechsten Vorlesetext im Kapitel Reise durch die Wüste sorgt für Ermattung beim zuhören.
Erspare deinen Spielern Wiederholungen. Gib Ihnen Raum zum Zusammenspiel. Frage sie direkt nach Ihren Planungen und lass sie für eine bestimmte Expedition auch eine extra Ausrüstungsliste pflegen. Sorge dafür, dass die Ausrüstungsliste jemand pflegt, der sich nicht direkt an der Erkundung von Gelände beteiligt. Lass es beispielsweise den Magier machen, wenn der Elf die Führung durch die Wildnis macht und der Krieger hat die Wache, wenn nachts ein wildes Tier angreift.

Wichtig für die Spieler: Es war spannend, jetzt wird es eintönig. Kein Problem. Spielt die anderen an. Warum nicht mal jammern und lamentieren und sich von den anderen wieder von der Wichtigkeit der Mission überzeugen lassen? Behalte statt dem Smartphone lieber die Wasserreserven im Blick und wenn Du den Eindruck hast, das neben Dir auch die anderen gerade keine Spielansätze haben, um durch kurze Gespräche auf dem Weg oder während des Nachtlagers, Abwechslung ins Spiel zu bringen, dann seid ehrlich genug dem Spielleiter ins Gesicht zu sagen, dass ihr gerne das Plot-Jagd-Tempo erhöhen würdet.


So, nun will ich versuchen mir mehr Situationen und Tipps einfallen zu lassen und hoffe selbstredend auch hierbei auf Beiträge und Kommentare vom geneigten Leser.
Was hast Du, werter Leser, schon für verzwickte Situationen am Spieltisch erlebt und wie habt ihr sie in eurer Runde gelöst?
Oder hast Du eine verzwickte Situation zur Zeit und suchst Rat?
Darüber sollten wir reden.

Donnerstag, 23. Januar 2014

Gutes Spielleiten, Spielstile abstimmen ... das ist doch alles nur die halbe Miete

Dieses mal brauche ich Rückmeldungen von allen Soziologen unter den Lesern. Denn nach kürzlicher Diskussion über Spannung und Langeweile am Spieltisch reift in mir ein Gedanke.

Es gibt zum Thema Spielleitung ein paar tolle Tipps und sogar komplette Produkte. Zum Beispiel "Gutes Spielleiten" von Robin Laws oder "Spielleiten" von Dominic Wäsch.
Man findet schnell halb zum Spaß und halb zur Information Einteilungen von Spielertypen oder Spielstilen.

Eines wird bei den Texten meiner Meinung nach oft vergessen: Die Gruppendynamik.

Die Zufriedenheit des Spielers ist nicht abhängig von seinem Stil und dem Handwerk des Meisters. Es ist das Zusammenspiel zwischen dem SL und allen Spielern untereinander.
Ich habe Gruppen erlebt, die besser funktionierten wenn ein einzelner Spieler fehlte, oder nur wenn sie komplett war. Das lag dann nicht an dem einzelnen Spieler.

Zunächst einmal möchte ich, dass der geschätzte Leser folgendes Diagramm auf sich wirken lässt. Denn um die Gruppe zu verstehen, müssen wir ja erstmal die einzelnen Gruppenmitglieder verstehen.



Hier sehen wir, einige Abhängigkeiten, die die Motivation beeinflussen.
Nicht nur die Fähigkeiten eines Charakters und wie der Spieler dessen Rolle in der Gruppe wahrnimmt haben Einfluss auf die Leistung des Charakter. Die Probenwahrscheinlichkeit hat direkten Einfluss auf die Motivation. Die Belohnungen bestimmen die Zufriedenheit und diese bestimmt den Wert, den der Spieler der Belohnung gibt. Diese wiederum bestimmt zukünftige Motivationen.
Daran kann man nicht nur das demotivierende Wirkung ständigen Würfelpechs ablesen. Man sieht auch, dass Leistung belohnt werden muss, damit die Zufriedenheit hergestellt werden kann.

Ein Beispiel: Ein Held wird als Geburtshelfer hinzugezogen. Die werdende Mutter ist dem Helden wohlbekannt und gerne steht er ihr bei. Es verläuft lang und schwierig. Obwohl der Held alle Fähigkeiten in die Waagschale wirft droht die Mutter zwischenzeitlich am Blutverlust zu sterben. Schließlich aber sind Mutter und Kind wohlauf. Sie verspricht ihr Kind als Dank nach dem Helden zu benennen.
Eine solche Szene kann um ein vielfaches wertvoller für den Spieler sein, als das besiegen den x-ten Schwarzmagiers und anschließender Plünderung seiner prall gefüllten Schatzkammer. Denn es lag eine persönlich Bindung vor, er ist Risiken eingegangen (Probenwürfe) und hat mitgefiebert. Er hat keinen Lohn erhalten, außer der Befriedigung etwas bewirkt zu haben (Überleben von Mutter und Kind) und eine liebevolle Erinnerung daran (die Namensgebung).

Damit im Hinterkopf schauen wir uns mal eine gängige Kategorisierung von Spielertypen an. Die Grau-Zonen zwischen den Typen, und dass jeder von uns mehr oder weniger jeder Kategorie zugeordnet werden kann behalten wir dabei natürlich auch im Blick.
Ich habe das hier nochmal abgeschrieben von dem gerade genannten Link.

Der Machtspieler (Power Gamer)

Der Machtspieler (Power Gamer) möchte seinen Charakter stärker, zäher, reicher machen, sowie die Attribute und Fähigkeiten steigern. Wie auch immer Erfolg im Regelsystem definiert sein mag – dieser Spieler will mehr davon. Er tendiert dazu, seinen Charakter als Abstraktum zu sehen, eine Ansammlung von Superkräften und darauf ausgerichtet, noch mehr Superkräfte zu erhalten. Er spielt sehr eng an den Regeln, wobei er speziell nach Lücken und Knackpunkten sucht, die er für sich möglichst effizient ausnutzt. Vom Spielleiter erwartet er die Möglichkeiten, hübsche neue Fähigkeiten oder Artefakte auf seinen Charakterbogen schreiben zu können.

Der Plätter (Butt-Kicker)

Der Plätter (Butt-Kicker) will im Spiel Dampf ablassen, indem er sich (ganz altmodisch) der Zufügung von Körperverletzung widmet. Er sucht sich gerne einfache, kampfbereite Charaktere aus, gleichgültig ob er durch sie im Spiel Macht oder Erfolg erlangen kann. Nach einem langen Tag im Büro oder in der Schule möchte er nur, dass sein Charakter die Gegner in Grund und Boden stampfen kann und damit wieder einmal beweisen, dass er allen Herausforderern gewachsen ist. Spielregeln sind ihm eventuell dabei dienlich, aus seinem Charakter eine optimale Kampfmaschine zu machen. Sie können ihm auch gleichgültig sein, solange er nur auf etwas einprügeln darf. Er erwartet vom Spielleiter jede Menge Gelegenheiten, die oben erwähnte Zerstörung anzurichten und sich überlegen zu fühlen.

Der Taktiker (Tactician)

Der Taktiker (Tactician) ist möglicherweise ein Militärexperte, der am liebsten Lösungswege durch komplexe, realistische Probleme sucht, gewöhnlich auf einem Schlachtfeld. Er möchte, dass die Regeln (und die Interpretation des Spielleiters von ihnen) die Realität, so wie er sie kennt, widerspiegeln. Wenigstens sollten die Regeln eine in sich konsistente und logische Welt darstellen, in der seine Entscheidungen der Hauptfaktor ist, der Niederlage oder Sieg herbeiführt. Vielleicht sieht er Charakterspiel als eine Ablenkung an und wird ungehalten, wenn andere Spielercharaktere Dinge tun, die ihren Persönlichkeiten entsprechen aber taktisch unklug sind. Um den Taktiker im Spiel zufrieden zu stellen, sollte man ihm anspruchsvolle und logische Hindernisse in den Weg stellen, die sein Charakter überwinden muss.

Der Spezialist (Specialist)

Der Spezialist (Specialist) bevorzugt eine bestimmte Charakterklasse, die er bei jeder Kampagne und in jedem Hintergrund spielt. Der am häufigsten gewählte Charaktertyp der Spezialisten ist der Ninja. Andere mögen Ritter, Katzenmenschen, Störenfriede, fliegende Charaktere oder sehnsüchtige Druidenmädchen, die viel Zeit in verwunschenen Lichtungen in Gesellschaft von Elfen und Einhörnern verbringen. Der Spezialist möchte, daß die Spielregeln seine Lieblingscharakterklasse unterstützen, ansonsten sind sie ihm relativ gleichgültig. Ihn kann man als Spielleiter damit glücklich machen, indem man Szenen ins Spiel einbaut, in denen der Charakter die coolen Dinge tun kann, für die dieser Archetyp bekannt ist.

Der Schauspieler (Method Actor)

Für den Schauspieler (Method Actor) ist Rollenspiel die Möglichkeit, mehr über sich selbst zu erfahren. Er identifiziert sich stark mit dem Charakter den er spielt und kann durchaus der Ansicht sein, daß es wichtig für seine kreative Entfaltung ist, extrem unterschiedliche Persönlichkeiten darzustellen. Die Entscheidungen und Handlungen seines Charakters basieren auf dessen Psychologie und daher wird der Schauspieler sich dagegen wehren, diese Entscheidungen zu ändern, nur weil sie gegen Spielregeln verstoßen oder nicht zum Erreichen des Gruppenziels beitragen. Regeln sieht der Schauspieler bestenfalls als notwendiges Übel und bevorzugt Spielabende, bei denen gar nicht gewürfelt wird. Den Schauspieler unterhält man als Spielleiter am besten, indem man ihn in Situationen bringt, die seine Charakterzüge auf die Probe stellen oder vertiefen. [Anmerkung zum Begriff ‚Method Actor’: Er wurde in der Schauspielkunst von Konstantin Stanislawski (1863-1938) geprägt. Bei der damals definierten Technik steht die Rollenarbeit und –analyse im Mittelpunkt. Der Schauspieler studiert das Umfeld, die Biographie und das Innenleben der Figur, um dem Spiel Sinn, Folgerichtigkeit oder Widersprüchlichkeit zu verleihen. Dabei gibt es zwei Aspekte: der Prozess des Erlebens (Innen) und des Darstellens (Außen).]

Der Geschichtenerzähler (Storyteller)

Der Geschichtenerzähler (Storyteller) ist wie der Schauspieler mehr am Rollenspiel interessiert und weniger an Attributen und Erfahrungspunkten. Allerdings will er lieber Teil einer Geschichte sein, die sich eher wie ein Buch oder Film anfühlt und weniger mit einer strikten Identifikation mit seinem Charakter zu tun hat. Er ist sofort kompromissbereit, um die Geschichte voran zu treiben und kann sich leicht langweilen, wenn das Spiel aufgrund einer längeren Planungsphase stagniert. Ihm bereitet es Vergnügen, wenn der Spielleiter neue Plotstränge entwickelt und die Handlung weiter voran bringt. So wie es ein guter Romanautor oder Filmregisseur tun würde.

Der Gelegenheitsspieler (Casual Gamer)


Die Gelegenheitsspieler (Casual Gamer) werden häufig bei dieser Art Diskussionen vergessen, obwohl sie in fast jeder Spielrunde zu finden sind. Sie wollen selbst in kleinen Gruppen möglichst nicht im Rampenlicht stehen und sind meistens nur deswegen dabei, weil die übrigen Gruppenmitglieder sich für diese Freizeitaktivität entschieden haben. Obwohl sie im Spiel schwer zu fassen sind, können sie lebensnotwendig für das Weiterbestehen der Spielrunde sein. Im Spiel schließen sie die Lücken der Anforderungen an Fähigkeiten, die von den Charakteren verlangt werden und nur von einer größeren Anzahl Charaktertypen oder –klassen abgedeckt werden können. Eben weil sie nur aus sozialen Gründen dabei sind, erfüllen sie eine wichtige Funktion in der Gruppendynamik. Häufig sind sie die freundlichen, ausgleichenden Menschen, die die mehr bestimmenden Persönlichkeiten davon abhalten, sich gegenseitig zu bekriegen (innerhalb und außerhalb des Spiels). Der wichtigste Aspekt beim Gelegenheitsspieler ist, dass er unbedingt im Hintergrund bleiben will. Er möchte keine Regeln lernen oder ein Plotidee für seinen Charakter entwickeln oder bei einer intensiven Strategieplanung dabei sein. Als Spielleiter glaubst Du vielleicht, dass es schlimm ist, wenn er die meiste Zeit daneben sitzt und in deinen neuesten Comics herumblättert, aber – hey, das will er nun mal so.Auf keinen Fall sollte der Gelegenheitsspieler dazu gezwungen werden, sich tiefgründiger mit dem Spiel zu beschäftigen, als er dazu bereit ist. (Natürlich sollte sich ein Spielleiter schon fragen, ob er etwas falsch macht, wenn jeder in der Spielrunde nur da sitzt und Comics liest.)

Der Einfachheit halber kann das jeder für sich in einem Test selbst bestimmen, um ein besseres Gefühl für sich und die einzelnen Typen zu bekommen.
Und natürlich zeige ich dem geneigten Leser auch mein eigenes Ergebnis:

Als Spielleiter muss ich also meine Spieler soweit einschätzen können, dass ich ihren Spielstil grundlegend verstehe und auch bediene. Darüberhinaus achte ich noch auf die Regeln der Motivation wie oben beschrieben. Soweit, so klar.

Dann hören die Ratgeber für gewöhnlich auf und lassen einen mit der dritten und letzten Sache alleine: Der Gruppendynamik.
Dazu ein kleiner eigener Beitrag zur Visualisierung von mir: "Die drei Säulen des Spielspaßes."

Nicht hübsch, aber hoffentlich lesbar.
Ich bin der Meinung, dass der Spielspaß der Spieler durch die 3 Säulen Interaktion, Motivation und Präsentation gebildet wird. Und denen kann man nicht einfach ein paar Werkzeuge zuordnen sondern sie haben Unterpunkte, die gleichzeitig auch auf eine andere Säule Einfluss nehmen.
Zur Erklärung hier alle Unterpunkte im Uhrzeigersinn im Überblick.


  • Zusammenspiel
    • Qualität und Quantität des Spiels zwischen den Charakteren
  • Charakterspiel
    • Das Ausspielen des eigenen Charakters. Darstellung seiner Vor- und Nachteile. Aber auch der persönliche Einsatz und die Nutzung seiner Talente und Fertigkeiten.
  • Erfolg
    • Erfolgserlebnisse, die den Spielern gegönnt werden. Die Bewertung obliegt allerdings subjektiv den einzelnen Spielern, je nach Leistung, Erschwernissen und Belohnung.
  • Konzentration
    • Spieler die sich nicht auf das Spiel konzentrieren können, werden das Spiel nicht ausschöpfen können. Ablenkungen wirken sich negativ auf. Eine fesselnde Spielsituation kann sie fördern.
  • Dramaturgie
    • Eine gute Geschichte ist vor allem eins: Spannend. Spannungsbögen müssen aufgebaut und im entscheidenden Moment entladen werden. 
  • Atmosphäre
    • Musik und Kerzenschein können mitunter förderlich, ablenkendes Gequassel oder unpassende Wortwahl (Horror-Abenteuer: "Und da denkst Du an nichts böses und Schwupps steht da so ein schlurfender Zombie mit Glubschaugen vor Dir und bekundet stöhnend sein Interesse Dein Hirn zu schlürfen.) können sie in Sekundenbruchteilen abtöten.
  • Erzählstil
    • Abseits der Spannungsbögen gibt es vielfältige Möglichkeiten die Geschichte zu erzählen. Dabei gibt Vorlieben je nach Region und auch Typ der Geschichte. 
  • Anspielbarkeit
    • Zur lebendigen Darstellung der Spielwelt, müssen nicht nur die wichtigen NSCs Rede und Antwort stehen können, sondern bei Bedarf auch einzelne, beliebig erscheinende Bürger einer Stadt ein Gesicht und eine Stimme erhalten. Im Gänsestall müssen auch Gänse schnattern.
  • Spielangebot
    • Die Spieler im Sandkasten des Abenteuers allein zu lassen ist nicht genug. Die Spielwelt reagiert nicht auf die Handlungen der Charaktere. Sie gehen auch offen auf sie zu und projizieren ihre Bedürfnisse von sich aus auf die Helden. Nicht nur der Plot kommt ggf. zu den Spielern sondern auch die Nebenschauplätze eröffnen sich ihnen.

Vieles davon ist dem erfahrenen Leser nicht unbekannt. Aber ihm sei nahegelegt sich über den erstgenannten Punkt mal Gedanken zu machen und wie dessen Auswirkung auf all die anderen Punkte aussehen kann.
Was für Erfahrungen hast du da schon gemacht? Welche Meinung hast Du zu meiner abwegigen Theorie?
Darüber sollten wir reden.